Die Idee der Vollautomatisierung in der Antike

Schon seit geraumer Zeit wird unsere industrielle Entwicklung oftmals mit der Tendenz zur Vollautomatisierung beschrieben. Tatsächlich werden immer mehr Produkte von immer weniger menschlichen Händen hergestellt. Einzelne Arbeitsschritte bishin zu einem vollständigen Produktionszyklus werden an Maschinen ausgelagert, die den eigentlich herstellenden Menschen überflüssig machen. Die einzigen, die übrig bleiben, sind jene, die die Maschinen entwickeln und instand halten. Diese Berufe tauchen keineswegs unvermittelt in der Moderne auf, seit der Mensch Maschinen benutzt, wie beispielsweise einen Webstuhl, gibt es sie. Die Aufgaben wurden also keineswegs in der Moderne vom Herstellen zum Entwicklen und Erhalten umgeschichtet, sondern die Herstellenden verschwanden einfach aus dem Produktionszyklus, da sie überflüssig geworden waren.

Im Kontext einer theoretischen Abhandlung zum Status des Sklaven wagt Aristoteles in einer Zeit ohne Elektrizität bereits ein Gedankenspiel, in dem nicht mehr der Sklave eine Notwendigkeit ist, um das Weberschiffchen zu bedienen oder Musik mit der Kithara zu erzeugen. Er spricht davon, dass das Weberschiffchen seine Arbeit selbstständig erledigt, wie auch das Schlagplättchen ohne menschliche Hand Musik erzeugt. Eine Welt, in der der Herstellende obsolet wird. (1)
Ohne größere Absicht hat Aristoteles hiermit seiner Zeit weit vorausgegriffen, denn tatsächlich wird heute ebensowenig ein Mensch zum Weben benötigt, wie ein Musiker, wenn man Musik lauschen möchte. Wo ehemals Menschen ihre Arbeit verrichteten, surren nun Maschinen.

(1) Aristoteles: Politik. 1253b

2 Antworten auf „Die Idee der Vollautomatisierung in der Antike“

  1. Aber dennoch wird der Mensch, und sei es möglicherweise in später Zukunft nur noch ein einziger, hinter diesen Maschinen und Produktionszyklen stehen. Er bleibt der Prothesengott, ohne den die Maschinen nicht funktionieren könnten. Es werden weniger Menschen hinter mehr Maschinen, aber nie nur Maschinen ohne Menschen. Es sei denn, die Maschinen sind in der Lage ein Bewusstsein zu entwickeln, aber wäre dann nicht auch dieses, wenn es möglich wäre, nur künstlich? Oder wäre das Künstliche natürlich, da der Mensch diesem Bewusstsein zuträglich gewesen wäre?
    Natur und Künstlichkeit sind nun ja auch auf diese Weise in der Lage Grenzen zu sprengen und sich eventuell sogar zu vermischen. Was ist dann was? Und wird das Abbild des Abbildes, wenn ich mich an die Ideenlehre Platons erinnere, auf diese Weise erhoben oder erniedrigt? Und verändert sich damit auch die eigentlich Idee? Diese Frage wird wohl offen bleiben, können wir sie (die Idee) doch nicht beschauen.
    Aber ich schweife wohl ab. Daher Schluss an dieser Stelle.

  2. Nun, ohne nun über die Qualität eines künstlichen Bewusstseins urteilen zu wollen würde ich dir zustimmen, dass es nur schwerlich vorstellbar ist, gänzlich auf den Menschen zu verzichten, dass zumindest ein Mensch immer hinter den Maschinen stehen muss. Während man neben dem Herstellenden auch den Entwickelnden abschaffen kann, bleibt der Erhaltende doch eine Notwendigkeit.
    Mehr im Zentrum meiner Faszination war allerdings, dass Aristoteles in seinem Gedankenspiel die Zukunft so treffend antizipierte… immerhin das vierte Jahrundert vor Christus. Auch er, wie ich oben schrieb, sah, wie Du, nur den Herstellenden obsolet werden, nicht den Erhaltenden.

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