„Silentium – Man darf über seine Freunde nicht reden:
sonst verredet man sich das Gefühl der Freundschaft.“
(1)

Friedrich Nietzsche

Nietzsche äußert sich in seinen Briefen und seinem philosophischen Werk an vielen Stellen zum Begriff der Freundschaft und sein Ergebnis scheint ernüchternd:
„Ja es gibt Freunde, aber der Irrtum, die Täuschung über dich führen sie dir zu; und Schweigen müssen sie gelernt haben, um dir Freund zu bleiben; denn fast immer beruhen solche menschlichen Beziehungen darauf, dass irgend ein paar Dinge nie gesagt werden, ja, dass an sie nie gerührt wird: kommen diese Steinchen aber ins Rollen, so folgt die Freundschaft hintendrein und zerbricht.“(2)

Diese Wort mögen dem Leser schrecklich vorkommen, denn wem gegenüber, wenn nicht einem Freund, kann man wirklich aufrichtig sein? Gibt es also überhaupt keine völlige Aufrichtigkeit zwischen zwei Menschen?
Nietzsches Antwort ist deutlich: „[W]ir haben gute Gründe, jeden unserer Bekannten, und seien es die Größten, gering zu achten; […]“(3) und gerade deshalb verlangt die Freundschaft, dass wir verdrängen und verschweigen, dass wir die selben Mechanismen benutzen, wie wir sie – unbewusst – auch, bei uns selbst anwenden, denn wir haben „ebenso gute [Gründe], diese Empfindung gegen uns selber zu kehren.“(4)

Würden wir die völlige Aufrichtigkeit ertragen, sei es gegen einen Freund, sei es gegen uns selbst?
Und könnten wir es verzeihen, wenn wir wüssten, was der Freund tatsächlich über uns denkt?

(1) Nietzsche, F.: Menschliches, Allzumenschliches. Band II § 252
(2),(3) u. (4) Nietzsche, F.: Menschliches, Allzumenschliches. Band I §346

Was ist hier zu sagen, was nicht schon tausend Male gesprochen wurde, aus allen Winkeln der Erde als Gedanke aufstieg und sich bei allen Beerdigungen den Gehirnen der Gäste bemächtigte?
Nicht viel, so schätze ich, darum will ich nicht damit langweilen auszuführen, dass der Tod Nahestehender auf unsere eigene Sterblichkeit verweist; ebensowenig ist es mir ein Bedürfnis an dieser Stelle über das, was nach dem Tode kommen mag, zu debattieren. Hier soll nur die Trauer der noch Lebenden eine Rolle spielen. Tiefe Trauer, wie sie Eltern beim Verlust eines Kindes oder Kinder beim Verlust der Eltern empfinden. Starke Trauer wie wir sie empfinden, nachdem ein Mensch verstorben ist, dem wir uns zu Lebzeiten tief verbunden fühlten und noch nach seinem Tode fühlen. Eben jene Trauer, die nicht bereits eine Stunde nachdem der Leichnam unter die Erde geschafft worden ist, vom Leben hinfortgetragen wird.
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Naturschützer, Menschenrechtler und viele andere Interessengruppen rechtfertigen ihren Standpunkt oftmals mit moralischen und ethischen Argumenten. Zumeist wird dabei übersehen, dass die Existenz objektiver Werte durchaus zweifelhaft ist und die Möglichkeit besteht, dass alle unsere Werte frei erfunden sind.

Die These eines ethischen Subjektivismus erscheint in unserer mit moralischen Appellen angefüllten Erlebniswelt zunächst fremd; sie bestreitet die Existenz objektiver Werte und Pflichten, von deren Existenz die meisten Menschen überzeugt sind. Gemeinhin wird allerdings nicht beachtet, dass zwischen einzelnen Epochen oder einzelnen Gesellschaften unserer Welt und sogar innerhalb einzelner Teile einer Gesellschaft große Unterschiede in den jeweils vorherrschenden Regelsystemen bestehen.
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Wir alle haben Albträume, die einen selten, die anderen öfter. Ein junger Mann hatte allerdings einen besonderen.
Nach diesem Alptraum verhielt er sich apathisch gegenüber seinen Eltern, lag zusammengekrümmt auf dem Bett und schrie nur das er Angst vor den offenen Fenstern hätte und friere. Die Fenster wurden geschlossen, die Heizung aufgedreht bis eine unerträgliche Hitze in der Wohnung herrschte. Im Verlauf des Tages stellte sich jedoch nicht die geringste Besserung seines Zustandes ein und die Eltern entschieden sich einen Arzt hinzuzuziehen.
Der Arzt glaubte den Berichten der Eltern nicht, weder, dass der Sohn zuvor ein ganz normalerer Junge ohne Verhaltensauffälligkeiten war, noch glaubte er, dass ein Albtraum derartiges auslösen könne. Da sich der Junge jedoch offensichtlich in einem bedrohlichen psychopathologischen Zustand befand wies der Arzt ihn in eine psychiatrische Klinik ein.
Hier verliert sich die Spur des Jungen und ich weiß bis heute nicht was aus ihm geworden ist. Jedoch war ich mir nie so sicher wie der Arzt, dass ein Albtraum derartiges nicht auslösen kann. Ist es möglich derartiges zu einhundert Prozent wirklich auszuschließen, nur weil derartige Fälle äußerst selten auftreten und dann anderen Ursprüngen zugeschrieben werden? Wer weiß schon, was in uns schlummert und wer weiß schon, was für Schreckliches uns heute Nacht in unseren Träumen widerfahren könnte.

Voller Ekel stehen sie vor den Dingen
vor der Leere des gewöhnlichen Lebens
krank am Reichtum ihrer Seelen.

– Stendhal

in: Expressionismus als Literatur. Gesammelte Studien. Hrsg. von Wolfgang Rothe. Bern: Franke Verlag (1969): S. 358