Bertrand Russel schreibt in seinem Essay „Die tieferen Beweggründe der Philosophie“, dass einer der notwendigen Charakterzüge für eine philosophische Veranlagung ist, dass man den Wunsch hegt, „an irgendeine allgemeine Theorie des Universums oder des menschlichen Lebens zu glauben.“ (1).
Bei derartigen allgemeinen Behauptungen regt sich selbstverständlich immer die Frage, inwieweit sie Gültigkeit besitzen können. Selbstverständlich kann Philosophie als eine Wissenschaft begriffen werden, die genau nach dieser allgemeinen Theorie sucht. Aber wäre es so unvorstellbar, dass ein Student genau aus dem entgegengesetzten Grund das Studium der Philosophie aufnimmt, nämlich um zu beweisen, dass es keine allgemeine Theorie geben kann? Oder könnte man in diesem Fall spitzfindig behaupten, die allgemeine Theorie wäre, dass es keine allgemeine Theorie gäbe?
Wie dem auch sei, man sollte wohl nicht vergessen, dass Russel hier nur ein Essay niederschrieb, das sicherlich einen ganz anderen Wahrheitsanspruch, als eine wissenschaftliche Abhandlung inne hat. Dennoch, der Versuch der Motivation der Menschen zur Philosophie nachzuspüren und diese auszuforschen ist überaus interessant.
Natürlich kann man geneigt sein anzunehmen, dass einige Wissen um des Wissens willen suchen, und sich darin bereits ihr persönlicher Zweck der Philosophie ausfüllt, doch andere werden anderes suchen und ihre Motivation nicht im Wissen als Selbstzweck auffinden können.

(1) Russel, Bertrand: Die tieferen Beweggründe der Philosophie. In: Russel, Bertrand: Unpopuläre Betrachtungen. Zürich: Europa Verlag, 2005. S. 52

Wer war Heraklit?

Der Philosoph Heraklit lebte zwischen dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. und wird folglich zu den Vorsokratikern gezählt. Von Heraklits Tod weiß Diogenes Laertius (DL IX 3f.) zu berichten, dass Heraklit, von Wassersucht befallen, sich in einen Kuhstall in den Rindermist eingrub, in der Hoffnung die Wärme würde ihm das Wasser entziehen, und starb. Aber Diogenes gibt ebenfalls einen Bericht des Hermippos wieder, nach dem Heraklit sich in die Sonne legte, sich von einem Knaben mit Rindermist bedecken lies und dort nach zwei Tagen starb.
Heraklit erhielt den Beinamen „der Dunkle“, da seine Lehre rätselhaft war, erst recht heute, da uns lediglich 130 sehr kurze Fragmente erhalten sind.
Heraklit wähnte sich im Besitz einer Erklärung, nach der alle Dinge sich vollziehen, und die, obwohl sie immer gilt, die meisten Menschen nicht verstehen. Denn die Erklärung lag für Heraklit verborgen, man kann nach Heraklit zwar ihre Auswirkungen an allen Dingen beobachten, aber die Erklärung ohne Kenntnis ihrer Struktur daraus nicht entschlüsseln. Noch weitreichender wird diese rätselhafte Erklärung, wenn man bedenkt, dass Heraklit sie tatsächlich als universal gültig ansah und d.h. auch für das menschliche Handeln. Daraus folgt, dass die unkundigen Menschen niemals die zugrunde liegende Struktur ihres eigenen Handelns verstehen können. Lassen wir die geheimnisvolle Erklärung des Heraklits beiseite und wenden uns etwas anderem zu.
Die bekanntesten Sätze Heraklits lauten: „Alles fließt“ und „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Ob diese nun aber wirklich von Heraklit stammen, oder nicht, ist in der Forschung umstritten, und so lässt uns Heraklit sogar an dieser Stelle im Dunkeln tappen.
An Heraklit scheiden sich die Geister. Seine Philosophie wurde ebenso verspottet, wie beispielsweise von Hegel verehrt.

nach: Rapp, Christof: Vorsokratiker. München: C.H. Beck Verlag, 1997. S. 61-79

Epikur – ein Vordenker

Im Jahr 306 v. Chr. ging Epikur, nachdem er in den Jahren zuvor sowohl eine Schule auf der Insel Lesbos, als auch eine weitere am Lampsakos am Ufer des Hellespont gegründet hatte, mit vielen seiner Schüler nach Athen.
In Athen soll er für 80 Minen ein Gartengrundstück gekauft haben, wo er seine Schule errichtete. Diese athener Schule zeichnete sich dabei durch einige Besonderheiten aus, so wurde dort beispielsweise kein Schulvermögen angelegt, sondern jegliches Privatvermögen blieb bestehen. Dies war Ausdruck des Umstandes, dass Epikur eine Forderung nach Kollektivierung von Vermögen als Zeichen des Misstrauens zwischen Menschen auffasste, und dieses Misstrauen war unter Epikureern (also Freunden) nach seiner Auffassung unnötig.
In weitaus höherem Maße bemerkenswert ist aber, dass in der epikureischen Schule Athens sich nicht nur freie Männer trafen, um Philosophie zu diskutieren und zu lernen. Frauen und Sklaven waren Epikur dort ebenso willkommen. Dadurch konnte Epikur zeigen, dass er seine Philosophie für eine Lehre vom Glück hielt, die für jeden Menschen, gleich ob Mann oder Frau, Freier oder Sklave, von Nutzen ist. Daran geknüpft ist natürlich die implizite Aussage, dass auch Frauen und Sklaven genauso wie freie Männer imstande sind, diese Philosophie zu verstehen und zu leben; es mag dahin gestellt sein, ob Epikur eine Art von Gleichberechtigungsgedanken hatte oder nicht (die Gleichberechtigung der Frau sollte noch über 2300 Jahre auf sich warten lassen, die Abschaffung der Sklaverei nicht ganz so lange), fakt ist jedenfalls, dass er Frauen und Sklaven dadurch, dass sie seine Schule besuchen durften, mehr Rechte einräumte, als sie sonst gewöhnlich hatten.

siehe auch: Das Vorurteil über Epikur

nach: Hossenfelder, Malte: Epikur. Zweite Auflage. München: C.H. Beck, 1998. S. 17f.

Ist die Frage nach dem Sein sinnvoll?

Was ist es, wenn wir von einem Sein sprechen? Was ist das Sein?
Martin Heidegger setzt sich mit dieser Fragestellung in seinem Werk „Sein und Zeit“ auseinander, doch zuvor muss er sich drei grundlegenden Einwänden stellen, die die Sinnhaftigkeit einer solchen Frage bestreiten.
Der erste Einwand geht davon aus, dass Sein der allgemeinste aller Begriffe ist. Heidegger entgegnet, dass die Allgemeinheit von Sein nicht die der Gattung ist. Der Autor dieses Textes gilt als Teil der Gattung Mensch und diese als der Gattung der Säugetiere zugehörig, schließlich werden die Säugetiere zur Gattung der Lebewesen gezählt. Alle in diesen Gattungen zusammengefassten Lebewesen sind, aber was haben wir dadurch über das Sein erfahren? Nicht viel, führt Heidegger an, denn das Sein übersteige alle gattungsmäßige Allgemeinheit. Wenn das Sein der allgemeinste Begriff sei, dann ist er weder der klarste noch aller weiteren Erörterung unbedürftig, so Heidegger.
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Die Frömmigkeit entspricht dem Wunsch,
um jeden Preis in der Welt eine Rolle zu spielen.

Montesquieu. Meine Gedanken. Mes pensées – Aufzeichnungen. München: Carl Hanser Verlag. (2000). S. 7