sonst verredet man sich das Gefühl der Freundschaft.“ (1)
Nietzsche äußert sich in seinen Briefen und seinem philosophischen Werk an vielen Stellen zum Begriff der Freundschaft und sein Ergebnis scheint ernüchternd:
„Ja es gibt Freunde, aber der Irrtum, die Täuschung über dich führen sie dir zu; und Schweigen müssen sie gelernt haben, um dir Freund zu bleiben; denn fast immer beruhen solche menschlichen Beziehungen darauf, dass irgend ein paar Dinge nie gesagt werden, ja, dass an sie nie gerührt wird: kommen diese Steinchen aber ins Rollen, so folgt die Freundschaft hintendrein und zerbricht.“(2)
Diese Wort mögen dem Leser schrecklich vorkommen, denn wem gegenüber, wenn nicht einem Freund, kann man wirklich aufrichtig sein? Gibt es also überhaupt keine völlige Aufrichtigkeit zwischen zwei Menschen?
Nietzsches Antwort ist deutlich: „[W]ir haben gute Gründe, jeden unserer Bekannten, und seien es die Größten, gering zu achten; […]“(3) und gerade deshalb verlangt die Freundschaft, dass wir verdrängen und verschweigen, dass wir die selben Mechanismen benutzen, wie wir sie – unbewusst – auch, bei uns selbst anwenden, denn wir haben „ebenso gute [Gründe], diese Empfindung gegen uns selber zu kehren.“(4)
Würden wir die völlige Aufrichtigkeit ertragen, sei es gegen einen Freund, sei es gegen uns selbst?
Und könnten wir es verzeihen, wenn wir wüssten, was der Freund tatsächlich über uns denkt?
(1) Nietzsche, F.: Menschliches, Allzumenschliches. Band II § 252
(2),(3) u. (4) Nietzsche, F.: Menschliches, Allzumenschliches. Band I §346