Gefangen im Kreislauf der Geschichte

Machiavelli geht von einem ewigen Kreislauf der Geschichte aus. Staaten bewegen sich beständig von der Ordnung zur Unordnung und hiernach wieder zur Ordnung. Dies liegt zum Einen in der menschlichen Natur insofern, als dass der Mensch ebenso egoman wie auch ein gemeinschaftliches Dasein führen kann (die Egomanie tritt hier als Feind des gemeinschaftlichen Daseins auf und umgekehrt). Zum Anderen ist es in dem Umstand begründet, dass in menschlichen Dingen scheinbar niemals ein Stillstand eintreten kann. Jeder Aufstieg zu einer vollkommen organisierten Gesellschaft endet zwangsläufig mit ihrer Degeneration und, da sich der Stillstand verbietet, endet die Degeneration wieder in einem erneuten Aufstieg zu einer (nahezu) vollkommenen Gesellschaft.
Das Wechselspiel von Egomanie und dem Vermögen zum gemeinsamen Leben führen also immer wieder zu einem Zyklus der Geschichte der beständig zwischen Ordnung und Unordnung wechselt und keine Möglichkeit zum Entrinnen bietet.
Folgt man Machiavelli in dieser Auffassung, so stellt sich unwillkürlich die Frage, in welcher Phase wir uns heute wohl befinden mögen.

nach Kersting, Wolfgang: Niccolò Machiavelli. 2. Auflage. München: C.H. Beck (1998) S. 62f.

Was normal ist, das sehen wir meist auch als das Natürliche an. Die Abweichung hiervon ist abnormal. Wir sehen das als natürlich an, was uns in der Mehrzahl der Fälle begegnet, von dem wir die Erfahrung gemacht haben, dass dies bei den meisten Menschen so ist. Wo es abweicht, wird auch schon einmal von unnatürlichen oder krankhaften Abweichungen gesprochen, die korrigiert werden sollten. So wird aus der Beobachtung, dass etwas meistens so und so ist, eine normative Vorstellung, dass etwas so und so zu sein hat, weil es in der Natur des Menschen liegt.
Besonders im Bereich des sozialen Verhaltens ist dieser Umkehrschluss nicht unproblematisch. Schön zu sehen am Beispiel des historischen Frauenbildes. Die Frau war dem Manne untergeordnet. Das war die beobachtete Situation durch Jahrhunderte hindurch. Diese Beobachtung wurde dann mit der strikten Regel verbunden, dass sie das natürlicherweise zu sein habe und eine Frau, die dies nicht akzeptieren wollte, wurde im Allgemeinen als Wahnsinnige betrachtet.
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Wozu Philosophie?

Im gerade angebrochenen Jahr der Geisteswissenschaften wird viel über Nutzen und Nutzbarkeit diskutiert und geschrieben, auch über jenen und jene der Philosophie, doch soll hier nicht eine allgemeine oder gesellschaftliche Legitimation der Philosophie im Blickpunkt stehen, sondern die persönliche Motivation und der Sinn, den man aus der eigenen Beschäftigung mit philosophischen Problemen und Fragen zieht.

Das Zitat von Odo Marquard ist sicherlich scharf formuliert, aber auch nicht ganz von der Hand zu weisen: Der sicherste Weg zu Anerkennung und Erfolg ist das entsprechende Studium gewiss nicht, und dem Glück ist allzu tiefe gedankliche Betätigung auf den ersten Blick ebenfalls nicht zuträglich.
Warum also wenden sich seit Menschengedenken immer wieder Denker den quälendsten Fragen zu, arbeiten sich durch Berge bereits aufgetürmten Wissens und stehen zumeist am Ende nur mit neuen Fragen da? Was treibt den Menschen, wenn er ohne die Not einer aktuellen Brisanz nach Problemen sucht, um sich über diese den Kopf zu zerbrechen?
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Wenn Du in Übereinstimmung mit der Natur lebst,
wirst Du niemals arm sein:
wenn du nach den üblichen Meinungen lebst,
wirst Du niemals reich sein.

(Sen. ep. 16, 7 = 201 Us.)

Epikur. Wege zum Glück. Hrsg. und übersetzt von Rainer Nickel. Düsseldorf: Artemis & Winkler Verlag 2003. Fragmenta (20). (=Sammlung Tusculum)