Was ist der Mensch?

Die Frage, was der Mensch sei, ist wohl eins der zentralsten Probleme, welche die Philosophie kennt – und das nicht etwa, weil es einfach ein herrlich umfassendes und schwer zu greifendes Thema ist, sondern weil die jeweilige Antwort zu allen Zeiten höchsten Einfluss auf Individuen und Gesellschaften hatte und nach wie vor hat.

In der christlichen Vorstellung ist der Mensch das Ebenbild Gottes und so kommt ihm in der Welt eine Sonderstellung zu – er wurde geschaffen, um über die Erde und alle anderen Wesen zu herrschen. Daraus erwächst ein gewaltiges Selbstbewusstsein der Spezies als Ganzes, eine metaphysische Legitimation der Kolonisierung und Ausbeutung der Erde, sowie der Unterwerfung des Tierreichs mit den bekannten – und, wie wir heute wissen, katastrophalen – Folgen.

Als Charles Darwin 1859 »Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl« veröffentlichte, vollzog sich damit das, was heute als biologische Kränkung bezeichnet wird: Seine, in diesem Werk vorgestellte Evolutionstheorie stellte die Sonderstellung des Menschen, wie sie im christlichen Weltbild selbstverständlich war, in Frage: Nachdem Kopernikus bereits festgestellt hatte, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Kosmos‘ ist (Was heute als kosmologische Kränkung bekannt ist) stellte sich nun der Mensch plötzlich nicht als etwas unvergleichliches und besonderes dar, sondern lediglich als ein hochentwickeltes Tier.
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„Du willst leben? Kannst Du das denn?“ (1)

Die Frage Senecas erscheint fast widersinnig. Das Leben ist allgegenwärtig, ein ewiges Wuchern und Blühen um uns herum, während wir Sauerstoff in unsere Lungen schaffen, das Blut in unserem Körper zirkuliert und wir freudig bekennen können, dass wir leben.
Doch Seneca hat nicht den biologischen Akt des Lebens im Blick, mehr gehört für ihn dazu, als umherwandeln zu können. Und seine eindringliche Frage dringt tief, wenn wir unser Leben betrachten. Verstehen wir tatsächlich es zu leben?
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Jeder Schritt ein ganzes Leben

In Giuseppe Verdis Oper La Traviata lernt der Zuschauer die Kurtisane Violetta Valéry kennen. Violetta verliebt sich auf einer ihrer unzähligen Feiern in Alfredo Germont und verlässt ihren Begleiter Baron Douphol. Später, Violetta und Alfredo leben zusammen in der Nähe von Paris, tritt Alfredos Vater Georgio ohne Wissen seines Sohnes an Violetta heran und fordert sie dazu auf, das Verhältnis zu seinem Sohn des Rufes der Familie wegen zu beenden. Violetta leidet an Tuberkulose, im Wissen darum, dass ihr ein hohes Alter nicht vergönnt sein wird, gibt sie dem Wunsch von Georgio nach, gesteht dem unwissenden Alfredo noch einmal ihre tiefe Liebe und entschwindet in einer Kutsche. Alfredo, verlassen und unglücklich, folgt ihr kurz darauf und findet sie auf einer Feier. Dort versucht Violetta ihn zum Gehen zu bewegen und erzählt ihm aus diesem Grund auch die Lüge, dass sie nun Baron Douphol liebe. Es kommt im Verlauf zum Duell zwischen dem Baron und Alfredo, der Baron wird verletzt, Alfredo verlässt das Land. Alfredos Vater jedoch bereut, Violetta von seinem Sohn getrennt zu haben, er eröffnet Alfredo seine Tat, worauf Alfredo sofort zu Violetta zurückkehrt, gerade noch rechtzeitig um die tuberkulosekranke Violetta in seinen Armen sterben zu lassen.

Was kann uns das alles lehren?
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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst, wer ihr alles opfert, noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.

Schopenhauer, Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung. Aus der Vorrede zur zweiten Auflage.