Die Frage nach dem ersten Philosophen ist aus zwei Gründen nicht einfach zu beantworten, zum Einen muss zuvor die Frage geklärt werden, was überhaupt als Philosophie gelten soll, zum Anderen ist die Überlieferungslage der ersten Epoche der Philosophie, der sogenannten vorsokratischen Zeit, insgesamt doch eher löchrig.
Ein Gedanke sollte mehr leisten, um als Philosophie zu gelten, als kurz über das Leben zu sinnen, denn mit einem derart weichen Philosophiebegriff wäre beinahe alles Philosophie und jeder Philosoph. Legt man einen strengeren Philosophiebegriff zu Grunde, der ein systematisches Nachdenken über das jeweilige Objekt fordert, kann man Thales von Milet als ersten Philosoph angeben.
Dieser lebte von 624 v. Chr., starb zwischen 549 und 545 v. Chr. und beschäftigte sich neben seinen philosophischen Gedanken auch intensiv mit Mathematik und gilt als einer der sieben Weisen. (1)
Thales philosophische Leistung bestand darin, den Ursprung aller Dinge aus dem Wasser abzuleiten. Doch neben dem Problem, dass keine Schriften von Thales überliefert sind und diese Zuschreibung bereits aus Texten anderer Autoren abgeleitet ist, besteht in den Überlieferungen keine einheitliche Meinung darüber, wie Thales zu dieser Annahme kam.
Eine der Überlieferungen von Thales‘ Philosohie ist beispielsweise in der Metaphysik des Aristoteles zu finden, der dort anführt, dass für Thales das Stoffprinzip aller Dinge das Wasser war, und vermutet, dass Thales zu seiner Überzeugung u.a. durch die Beobachtung kam, das jedwede Nahrung ebenso feucht ist, wie jegliche Samen, die Leben hervorbringen und die Feuchtigkeit das Prinzip der Natur des Wassers ist. (2)
So fremdartig ein solcher Gedankengang auch heute wirken kann, durch ihn wurde ein großer Schritt hinaus aus dem Mythos gemacht und versucht, die Welt durch eigene Überlegungen zu erklären, ohne Rückgriff auf die verbreiteten Mythen zu nehmen. Es ist wohl genau dieser Schritt, der Thales zum ersten Philosophen macht.
Thales folgten die Philosophen Anaximander von Milet sowie Anaximenes von Milet, bei denen die Überlieferungslage bereits ein wenig besser ist.
(1) Platon: Protagoras. 343a
(2) Aristoteles: Metaphysik. 983b
siehe hierzu auch: Rapp, Christof: Vorsokratiker. München: C.H. Beck Verlag, 1997. S. 27-37
War Platon nicht der Schüler von Sokrates…und Sokrates wäre somit der erste Philosoph?
Ersteres stimmt… zweiteres nur, sofern man den sog. Vorsokratikern aufgrund einer enger gefasst Definition von Philosophie den Status von Philosophen absprechen würde. Dann wären Thales, …, Heraklit…, Parmenides etc. keine Philosophen, aber dann wäre meine Frage: Was waren sie dann?
Weise?
Vielleicht hilft ja die Etymologie des Wortes Philosoph? Wurde das Verb nicht schon auf die "Sieben Weisen" (dazu zählte ja Thales, aber auch Solon) angewendet. Sätze wie: "Erkenne dich selbst" und "Halte Maß" gehen auf sie zurück. Manche sagen auch, dass Pythagoras den Begriff Philosophie eingeführt hat und mit dem Begriff "sophia" schon auf das Metaphysische hinwies.