Nur eine Frage, so schreibt Musil im Mann ohne Eigenschaften, lohne das Denken wirklich: jene nach dem rechten Leben.
Nun ist unsere Gesellschaft nicht arm an Vorstellungen, wie dieses rechte Leben auszusehen habe. Unserer Gesellschaftsordnung liegt die Freiheit als zentraler Wert zugrunde und so ist sie ganz im Gegenteil sogar die vielleicht reichste an angebotenen Lebenskonzepten. Pluralisierung der Lebensstile nennt dies die Soziologie.
Mit ihrer Vielseitigkeit, die von eher Konservativen als unheilvolles Chaos beargwöhnt werden mag, verliert die Gesellschaft jedoch keineswegs an Ordnungsmacht, sie spezifiziert sie lediglich für ihre Subsysteme, Klassen, Schichte, Wertcluster wie immer man sie auch bezeichnet.
Die Vorstellung einer Gesellschaft mit einem einheitlichen Ordnungsprinzip, den christlichen Glaubensgrundsätzen etwa, ist der Auffassung eines sozialen Gefüges gewichen, das vielfältig differenziert ist. So viele Antworten es auf die Frage nach dem rechten Leben in unserer Gesellschaft gibt, die zwar nicht alle, aber zumindest eine Vielzahl von Lebenskonzepte zulässt, so wenig gibt es folglich eine Antwort. Es kann sie ohne streitbare Voraussetzungen nicht geben – und nicht nur Musil bleibt sie uns daher schuldig.
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